Mit dem BarrierefreiheitsstĂ€rkungsgesetz (BFSG) wird es ab dem 28. Juni 2025 fĂŒr viele Unternehmen Pflicht: Websites mĂŒssen barrierefrei gestaltet sein, wenn sie digitale Dienstleistungen anbieten. Betroffen sind unter anderem Online-Shops, Buchungsportale und alle Webseiten, ĂŒber die VertrĂ€ge mit Endverbraucher:innen zustande kommen können.
Doch auch abseits der gesetzlichen Pflicht ist Barrierefreiheit ein Thema mit strategischer Relevanz: Sie verbessert die Nutzererfahrung, stĂ€rkt die Suchmaschinenoptimierung und macht digitale Angebote zugĂ€nglicher fĂŒr alle.
Was bedeutet Barrierefreiheit bei Websites?
Barrierefreiheit im Web bedeutet, dass digitale Inhalte von allen Menschen unabhÀngig von EinschrÀnkungen genutzt werden können. Die Anforderungen orientieren sich an den vier Prinzipien der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines):
Wahrnehmbar
Informationen und BenutzeroberflĂ€chen mĂŒssen so gestaltet sein, dass sie auch dann verstĂ€ndlich sind, wenn einzelne SinneskanĂ€le nicht genutzt werden können â etwa bei Seh- oder HörbeeintrĂ€chtigungen.
Bedienbar
Alle Funktionen mĂŒssen mit alternativen Eingabemethoden nutzbar sein. Nutzer:innen dĂŒrfen nicht darauf angewiesen sein, beispielsweise nur mit einer Maus zu navigieren.
VerstÀndlich
Navigation und Inhalte mĂŒssen klar strukturiert und leicht verstĂ€ndlich sein â unabhĂ€ngig vom technischen oder sprachlichen Vorwissen.
Robust
Websites mĂŒssen auf unterschiedlichen GerĂ€ten, Betriebssystemen und mit assistiven Technologien wie Screenreadern zuverlĂ€ssig funktionieren.
Diese vier GrundsĂ€tze bilden die Basis fĂŒr internationale Standards wie die WCAG 2.2 sowie die deutsche BITV 2.0.

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Was Àndert sich durch das BarrierefreiheitsstÀrkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG setzt die EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act) in nationales Recht um. Ab dem 28. Juni 2025 mĂŒssen digitale Produkte und Dienstleistungen, die fĂŒr Verbraucher:innen angeboten werden, barrierefrei zugĂ€nglich sein.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Das Gesetz gilt fĂŒr alle Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen fĂŒr Endverbraucher:innen anbieten. Das umfasst u. a.:
- Online-Shops
- Plattformen mit Buchungsfunktionen
- Digitale Bank- oder Telekommunikationsdienste
- MobilitÀtsdienste mit Online-Zugriff
- Interaktive Selbstbedienungsterminals
Auch einfache Kontaktformulare oder Terminbuchungen können bereits als elektronische Dienstleistung gelten.
Gilt das auch fĂŒr B2B?
Im B2B-Bereich greift das Gesetz in der Regel nicht, da es den Verbraucherschutz in den Vordergrund stellt. Dennoch sollten auch B2B-Websites langfristig barrierefrei gestaltet werden â allein schon wegen der steigenden Relevanz fĂŒr SEO und Nutzerfreundlichkeit.
FĂŒr wen ist Barrierefreiheit relevant?
Barrierefreiheit betrifft nicht nur Menschen mit dauerhaften Behinderungen. Auch temporĂ€re oder situative EinschrĂ€nkungen machen barrierefreie Websites fĂŒr viele Menschen im Alltag nutzbar â etwa bei:
- Sonnenlicht auf dem Bildschirm
- Verletzungen oder Krankheit
- LĂ€rm in der Umgebung
- Nutzung eines GerÀts mit nur einer Hand
In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt rund 7,8 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung â etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Mit der demografischen Entwicklung wĂ€chst auch die Bedeutung barrierefreier Angebote.
Technische und gestalterische Anforderungen an barrierefreie Websites
Die Umsetzung barrierefreier Websites erfolgt auf Basis etablierter Normen und Richtlinien:
WCAG 2.2
Diese Richtlinien definieren drei KonformitÀtsstufen: A, AA und AAA. Ziel ist es, mindestens die Stufe AA zu erreichen. Typische Anforderungen sind:
- Textalternativen fĂŒr Bilder
- Tastaturbedienbarkeit
- Kontraste von mindestens 4,5:1
- Klare Navigationsstrukturen
- Keine allein farbbasierte Informationsvermittlung
Eine ausfĂŒhrliche Liste der Ănderungen und Anforderungen findet man auch auf der Info-Seite des Bundes.
BITV 2.0 und EN 301 549
FĂŒr öffentliche Stellen in Deutschland ist die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung verbindlich. Sie verweist auf die europĂ€ische Norm EN 301 549, die fĂŒr private Anbieter mit Inkrafttreten des BFSG ebenfalls maĂgeblich sein wird.
Typische Barrieren
- Zu geringe Farbkontraste
- Fehlende Alternativtexte bei Bildern
- Nicht bedienbare Formulare ohne Tastatur
- Videos ohne Untertitel
- Unstrukturierter Code und fehlende HTML-Semantik
- Komplexe Sprache ohne Leichte-Sprache-Alternativen
Was hilft?
- Sauberer, semantisch korrekter HTML-Code
- Responsive Design, das sich auf allen GerÀten anpasst
- Fokus-Indikatoren und ARIA-Labels
- Klare Sprache und verstÀndliche Inhalte
- Getestete PDF-Dokumente mit strukturiertem Aufbau
Barrierefreies HTML: Schlechtes Beispiel
<div>
<span>E-Mail:</span>
<input type="text" name="email">
</div>
<div>
<span>Passwort:</span>
<input type="password" name="password">
</div>
<div onclick="absenden()" style="background: blue; color: white; padding: 10px;">
Anmelden
</div>
Dieses Formular ist nicht barrierefrei. Es fehlen beschriftende label-Elemente, das „Anmelden“-Element ist kein richtiger Button und nicht per Tastatur bedienbar. Auch Screenreader können die Inhalte schlecht erfassen.
Barrierefreies HTML: Gutes Beispiel
<form aria-labelledby="form-titel">
<h2 id="form-titel">Anmeldung</h2>
<label for="email">E-Mail:</label>
<input type="email" id="email" name="email" required aria-required="true" autocomplete="email">
<label for="passwort">Passwort:</label>
<input type="password" id="passwort" name="passwort" required aria-required="true" autocomplete="current-password">
<button type="submit" aria-label="Jetzt anmelden">Anmelden</button>
</form>
Dieses Formular ist barrierefrei gestaltet. Die Eingabefelder sind korrekt beschriftet, der Button ist semantisch korrekt und mit der Tastatur bedienbar. ARIA-Attribute verbessern die Nutzung mit Screenreadern.
Vorteile barrierefreier Websites fĂŒr Unternehmen
Barrierefreiheit ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung â sie bringt konkrete Vorteile mit sich:
Mehr Reichweite
Eine barrierefreie Website erreicht mehr Menschen â auch jene mit EinschrĂ€nkungen, Ă€ltere Nutzer:innen oder mobile Besucher:innen in schwierigen Situationen.
Bessere SEO
Suchmaschinen bevorzugen strukturierten, semantisch sauberen Code. Viele MaĂnahmen zur Barrierefreiheit wirken sich direkt auf das Ranking aus.
Positive Markenwahrnehmung
Barrierefreiheit demonstriert gesellschaftliche Verantwortung, Inklusion und ProfessionalitĂ€t â Werte, die im Branding immer wichtiger werden.
ZukĂŒnftige Sicherheit
Wer jetzt in barrierefreies Webdesign investiert, spart sich spÀtere Abmahnungen, Umbaukosten und potenziell negative Schlagzeilen.
Was droht bei VerstoĂ gegen das BFSG?
Ab dem 28. Juni 2025 kontrollieren MarktĂŒberwachungsbehörden die Einhaltung der neuen Vorgaben. Bei VerstöĂen können Unternehmen:
- abgemahnt werden
- BuĂgelder bis 100.000 Euro zahlen mĂŒssen
- zivilrechtlich belangt werden
- wettbewerbsrechtlich unter Druck geraten
Auch Mitbewerber oder VerbraucherschutzverbĂ€nde können VerstöĂe geltend machen. Dazu werden auch folgende BuĂgeldvorschriften im BarrierefrehietsstĂ€rkungsgesetz festgehalten.
Gibt es Ausnahmen?
Kleinstunternehmen
Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und maximal zwei Millionen Euro Jahresumsatz oder Bilanzsumme sind von der Regelung ausgenommen â aber nur fĂŒr Dienstleistungen, nicht fĂŒr Produkte.
Ăbergangsregelungen
FĂŒr bestimmte Inhalte wie Ă€ltere Videos oder PDFs gelten Ăbergangsfristen bis 2030. Neue Inhalte und interaktive Funktionen mĂŒssen jedoch ab Mitte 2025 den Anforderungen genĂŒgen.
Wie lÀsst sich Barrierefreiheit testen?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Website auf Barrierefreiheit zu prĂŒfen:
Offizielle PrĂŒfverfahren
- BITV-Test (bik-fuer-alle.de)
- WCAG-Tests durch zertifizierte Anbieter
Kostenlose Tools fĂŒr eine erste EinschĂ€tzung der Barrierefreiheit
Test-Tools fĂŒr Barrierefreiheit
- BITV-Test: PrĂŒfverfahren zur Bewertung der Barrierefreiheit von Websites gemÀà BITV.
https://bitvtest.de/â - WAVE â Web Accessibility Evaluation Tool: Werkzeug zur Analyse der Barrierefreiheit von Webinhalten.
https://wave.webaim.org/â - W3C â Liste von Evaluierungswerkzeugen: Sammlung von Tools zur Bewertung der Web-Barrierefreiheit.
https://www.w3.org/WAI/test-evaluate/tools/list/âW3C - axe â Accessibility Testing Tools: Suite von Tools zur automatisierten BarrierefreiheitsprĂŒfung.
https://www.deque.com/axe/âDeque - Contrast Checker â WebAIM: Tool zur ĂberprĂŒfung des Farbkontrasts fĂŒr barrierefreie Gestaltung.
https://webaim.org/resources/contrastchecker/â - Google Lighthouse (eingeschrĂ€nkt) – Externer Link zu Google Pagespeed Insights
Diese Tools bieten einen guten Einstieg, ersetzen aber keine professionelle PrĂŒfung durch eine Agentur mit entsprechender Erfahrung.
Fazit: Jetzt handeln â nicht nur wegen des Gesetzes
Die Barrierefreiheit von Websites wird ab 2025 nicht mehr optional sein. Unternehmen, die digitale Dienste fĂŒr Endkund:innen anbieten, sollten schon jetzt aktiv werden.
Dabei geht es nicht nur um rechtliche Sicherheit, sondern um bessere Websites fĂŒr alle Nutzer:innen. Barrierefreies Webdesign ist performanter, nachhaltiger, nutzerfreundlicher â und ganz nebenbei gut fĂŒr SEO und Conversion.
Wer rechtzeitig plant, kann Aufwand und Kosten kalkulierbar halten â und seine Website zukunftssicher machen.
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